Behauptungen entgegentreten

«Eine schmerzhafte Notwendigkeit» - AvU Leitartikel vom Samstag, 16. September 2017

Im «Anzeiger von Uster» vom 16. September bezieht die Redaktion Stellung gegen die Initiative zur Erhaltung der Landschaft in Uster West (keine Strasse «Uster West»). Selbstverständlich bedauern wir das. Eine gesunde Demokratie lebt von unterschiedlichen Ansichten und Meinungen. Aber zur Meinungsbildung gehört auch eine korrekte Darstellung der Sachverhalte. Deshalb sehen wir uns zu nachstehender Medienmitteilung veranlasst.

Leitartikel (PDF)
Medienmitteilung (PDF)

Ohne die Strasse "Uster West" wird die Stadt Uster 2030 eine gespaltene Stadt sein, weil der SBB-Fahrplan weiter verdichtet sein wird.

Das Risiko, dass es dazu kommt, ist viel grösser, wenn weiterhin an die Strasse "Uster West" geglaubt wird. Denn diese ist kaum realisierbar, denn es geht nicht um Partikularinteressen sondern schlichtweg um den nationalen Moorschutzauftrag. Bis das gerichtlich feststeht, vergehen wertvolle Jahre - ohne Lösungen am Horizont. Mit einem JA zur Initiative kann diese Blockade endlich gelöst werden!

Zudem: Die von den Initiativgegnern dargestellte Spaltung der Stadt, wird durch die Strasse "Uster West" nicht verhindert. Die Lage am westlichen Ortsrand wäre lediglich für den Durchgangsverkehr attraktiv, innerstädtisch würden wir weiterhin vor 8 geschlossenen Barrieren warten. Die Strasse "Uster West" ist also lediglich eine Scheinlösung.

Während der Bauzeit einer neuen Unterführung würde die Stadt Uster im Verkehrschaos versinken.

Wir wissen alle, dass sich Verkehr wie Wasser verhält: Er findet immer einen Weg!
Solches erfahren wir täglich mit Baustellen und Umleitungen. 

Der Ausgang der Abstimmung am 24. September hat gar keinen Einfluss hat auf die Zukunft des Projektes Strasse «Uster West».

Das ist die oft zitierte Haltung des Stadtrates, der meint, er könne sich um die Meinung der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger foutieren. Dabei versteckt er sich hinter dem Kanton, der selbstverständlich für die Kantonsstrassen zuständig ist. Dabei blendet der Stadtrat bewusst aus, dass er in Zürich sehr viel Einfluss hat und auch zu nutzen weiss – als Vertreter der 3.-grössten Stadt des Kantons Zürich. Das Votum vom 24. September wird sehr wohl sehr viel Gewicht erhalten beim Kanton – ob sich der Stadtrat nun weiterhin für die Strasse „Uster West“ einsetzt oder dagegen – so, wie es die Initiative verlangt. Glaubwürdig ist der Stadtrat allerdings nur, wenn er den Volkswillen auch in Zürich vertritt.

Die Unterführung Winterthurerstrasse müssten die Ustermer Steuerzahlerinnen und Steuerzahler selber bezahlen – im Gegensatz zur Strasse «Uster West», welche der Kanton bezahlt?

Das ist eine falsche Behauptung! Wenn das Projekt für die Strasse „Uster West“ gestoppt und jenes für die Unterführung Winterthurerstrasse wiederbelebt wird, bleibt die Winterthurerstrasse eine Kantonsstrasse und es liegt am Kanton, die Anpassungen daran zu finanzieren. Die Stadt Uster könnte bestimmt auch gewisse Rückforderungen für die Planungsvorleistungen an den Kanton stellen.

Alle wollen Auto fahren – und niemand will an einer Strasse wohnen. Die Initianten wollen einfach eine demokratische Rechtfertigung für ihre egoistische Haltung!

Das erste Statement mag für die meisten Leute stimmen. Im vorliegenden Fall bitten wir um eine genaue Betrachtung der Verhältnisse: Das Quartier Uster West übernimmt seit Jahrzehnten den Verkehr der Winterthurerstrasse – diesen Beitrag zur Übernahme eines grossen Anteils des Verkehrs stellt das Komitee nicht in Frage. Es geht nicht um die Frage, ob da eine stark befahrene Strasse durchs Quartier führt oder nicht – sondern ob diese Strasse neben dem Quartier auch noch das Naherholungsgebiet belastet, das Flachmoor zerstört und das Quartier vom Naherholungsgebiet abschneidet. Diese Folgen unserer Mobilität ist das Quartier nicht gewillt zu ertragen!

Die Strasse «Uster West» kann gemäss der neuen Schutzverordnung (Entwurf vom Juni 2017) realisiert werden.

Das würde uns sehr überraschen! Die Strasse Uster West würde durch ein Gebiet führen, für das folgenden Bestimmungen für eine Naturschutzumgebungszone IIA gelten (Quelle: Schutzverordnung von 1993):

Art. 4

Insbesondere sind verboten:

Art. 4.2 In der Naturschutzumgebungszone IIA:

  • das Errichten von Bauten aller Art
  • Geländeveränderungen und Ablagerungen aller Art
  • Das Bewässern und Entwässern sowie das Einleiten von Abwässern
  • Das Düngen und Verwenden von Giftstoffen
  • Andere Nutzung als Streue oder Dauerwiese
  • Das Weidenlassen
  • Das Aufforsten oder Anlegen von Baumbeständen ausserhalb des Waldes
  • Das Beseitigen von Hecken, markanten Bäumen und Sträuchern sowie Baumgruppen ausserhalb des Waldes
  • Das Ansiedeln von standortfremden Tieren und Pflanzen
  • Das Pflücken und Ausgraben oder Zerstören von Pilzen
  • Das Töten, Verletzen, Fangen oder Stören von wildlebenden Tieren, ausgenommen im Rahmen der bewilligten Jagd und Fischerei
  • Das Anfachen von Feuer, das Lagern, Zelten, Kampieren sowie das Überlassen von Standplätzen dafür
  • Das Fahren und Reiten abseits von Strassen und Wegen
  • Das Laufenlassen von Hunden (Leinenzwang)

Da braucht es doch sehr viel Phantasie, wenn nicht sogar Ignoranz, um zu behaupten, eine neue  Strasse würde diesen Schutzbestimmungen genügen. Unseres Erachtens sind diese Verlautbarungen der Gegner unserer Initiative nicht mehr als Durchhalteparolen, um möglichst viele Nein-Stimmen für den 24. September zu gewinnen.

Das Projekt Strasse «Uster West» ist umweltverträglich.

Die Koordinationsstelle für Umweltschutz (KofU) hat das Projekt als umweltverträglich beurteilt. Nur: Sowohl die KofU als auch die Umweltschutzfachstellen sind Teile der Baudirektion – also der Bauherrschaft! Da ist eine objektive Beurteilung erschwert. Bei genauerem Hinschauen haben wir denn auch diverse gravierende Mängel der Umweltverträglichkeitsprüfung festgestellt – z.B:

  • Falsche Abgrenzung des Flachmoors von nationaler Bedeutung um ca. 75 Meter. Deshalb wurde ja die neue Schutzverordnung nötig. Das umgekehrte Vorgehen wäre sachgerecht gewesen:
    A) Schutzverordnung aktualisieren
    B) Planen, falls noch eine realisierbare Lösung in Sicht ist.
  • Die Natur- und Heimatschutzkommission (ein Gremium mit Leuten, die in der Baudirektion wichtige Positionen innehaben) hat die Umweltverträglichkeit in ihrer Stellungnahme bestritten. Sie wurde von der Prüfstelle (Koordinationsstelle für Umweltschutz) nicht beleuchtet.
  • Die Fachstelle Naturschutz hat aufgezeigt, dass das Projekt nachhaltige Beeinträchtigungen der Moorlebensräume mit sich bringe, was eindeutig den Schutzzielen in Mooren zuwider läuft.

Dieses Vorgehen zeigt, dass die Baudirektion als Bauherrschaft und zugleich Umwelt-Prüfstelle für Bauprojekte im Rahmen von eigenen Bauprojekten so agiert, wie wenn das Resultat der Rothenthurm-Initiative in Zürich noch nicht angekommen wäre.

Der Schaden, der wegen der Strasse «Uster West» an der Natur entsteht, wird um ein Mehrfaches kompensiert, und es werden grosse Gebiete für den Naturschutz und auch für die Erholungsuchenden aufgewertet.

Das stimmt zu einem rechten Teil! Aber es ist nicht die ganze Wahrheit: Moore sind derart gefährdete und alte Lebensräume, dass sie nicht einfach an einem anderen Ort kompensiert werden dürfen und können. Das geht schlicht nicht – weder biologisch noch rechtlich!

Uster braucht die Strasse «Uster West», damit das Zeughausareal nicht wegen einer Verkehrsader vom Zentrum abgeschnitten wird

Das ist Mumpitz!

Zum einen heisst es noch lange nicht, dass ohne Strasse „Uster West“ aller Nord-Süd-Verkehr über die Berchtoldstrase geführt würde.

Und zum andern ist im Raum Berchtoldstrasse aufgrund der Entwicklungsszenarien für das Stadtzentrum mit (unterirdischen) Parkhäusern zu rechnen. Diese Gelegenheit kann genutzt werden, um auch die Bertoldstrasse auf die Ebene der Parkhäuser zu verlegen. Dann wird die heutige Berchtoldstrasse verkehrsfrei und ein willkommener Begegnungsort. Finanzierbar ist das auf jeden Fall – in Anbetracht der gewaltigen vorgesehenen Investitionen im Stadtzentrum.

Die Initiative blockiert und gefährdet die Entwicklung von Uster und seines Zentrums.

Das Gegenteil ist der Fall!

Das Weiterverfolgen des Projektes der Strasse „Uster West“ blockiert Usters Entwicklung, weil die Bevölkerung, die nicht hinter die Kulissen sieht, nicht weiss, ob die Strasse kommt oder nicht. Es zeigt sich immer mehr, dass die Strasse aus rechtlichen Gründen gar nicht realisiert werden kann. Deshalb trägt ein Ja zur Initiative dazu bei, dass machbare Lösungen für Uster gesucht werden können, um die Entwicklung der Stadt Uster zu fördern.

Die Strasse «Uster West» kommt ja sowieso nie!

Das hören wir oft. Die Behauptung ist aber sehr gewagt – und fatalistisch. Immerhin hat der Kantonsrat vor 5 Jahren einen Kredit für dieses Projekt beschlossen – und es ist so, dass Geld halt die Schweiz regiert. Solange sich die Ustermer Bevölkerung nicht offen gegen die Strasse «Uster West» stellt, ist der Rechtsweg der einzige Weg, die Strasse zu verhindern. Dieser Weg ist sehr lange und sehr teuer – und muss von wenigen Umweltschutzorganisationen und AnwohnerInnen (nur diese sind berechtigt, Rechtsmittel zu ergreifen) gestemmt werden. Mit einem JA zur Initiative zur Erhaltung der Landschaft in Uster West kann die unverständliche politische Energie, die in diesem sinnlosen Projekt steckt, massgeblich reduziert werden. Also: Jetzt bietet sich die Chance, einen Beitrag zu leisten, dass die Strasse «Uster West» tatsächlich nicht kommt – und zwar schneller und einfacher als mit Rechtsstreitigkeiten bis zum Gehtnichtmehr.

Die Strasse kommt nur in die Pufferzone zu liegen. Und in Pufferzonen sind Interessenabwägungen möglich.

Sofern die Schutzverordnung so in Kraft tritt wie vorgesehen, soll die Strasse tatsächlich „nur“ in der Pufferzone zu liegen kommen. In Pufferzonen sind Interessenabwägungen grundsätzlich möglich – ABER:

  • Beeinträchtigungen des Flachmoors durch Anlagen sind auszuschliessen. Das ist im Falle der Strasse „Uster West“ kaum möglich, da der Strassenrand unmittelbar an das Flachmoor angrenzen würde – und das erst noch im Quellgebiet des Moors.
  • Der Schutz des Moors ist von Bundesinteresse: Da wird es der Bau einer Kantonsstrasse, für die es weniger moorschädliche Alternativen gäbe, in der Interessenabwägung sehr schwer haben!
In Pfäffikon und Wallisellen gibt es Beispiele von Bauten, die in der Pufferzone eines Naturschutzgebietes gebaut werden durften und noch immer dürfen.

Diese Behauptung – auch wenn sie vom Chef des Amtes für Landschaft und Natur stammt – ist nur insofern korrekt wenn man folgende Fakten ausblendet:

  • Am Beispiel Wallisellen sind uns keine Pufferzonen bekannt. Zudem trägt der als Beispiel herangezogene Bau positiv zum Wasserhaushalt des Moors bei – unterstützt also dessen Schutzziel. Eine solche Lösung vermissen wir bis heute in den Projektakten zur Strasse „Uster West“. Wenn es eine solche Lösung gäbe, wäre sie wahrscheinlich schon lange Projektbestandteil.
  • Mit dem Hinweis auf Pfäffikon wurde unterschlagen, dass es unterschiedlich streng geschützte Pufferzonen gibt! Auch in Pfäffikon gibt es sogenannte „Naturschutzumgebungszonen“, in denen (wie in der Brandschänki) das Errichten von Bauten und Anlagen aller Art verboten ist. In diesen Zonen haben wir keine Hinweise auf bauliche Aktivitäten, die nicht unmittelbar der Förderung des Schutzziels dienen, ausfindig machen können. Hingegen gibt es Bauten in der „Weiler- und Siedlungsrandzone“. Eine solche Pufferzone ist aber in der Brandschänki nicht vorgesehen.
Die Strasse „Uster West“ entlastet grosse Teile der Stadt Uster und wertet zugleich die Landschaft in Uster West auf!

Dies mag das Fazit sein, wenn man den Erläuterungen in der offiziellen Abstimmungsweisung der Stadt Uster Glauben schenkt. Zu beachten gilt aber:

  • Nicht einmal das Zentrum wird gemäss den Unterlagen der Baudirektion entlastet! Noch stärker belastet als heute schon würde z.B. der Bahnhofsbereich (Bankstrasse).
  • Während gewisse Strassenzüge klar weniger stark befahren würden, ergäbe sich eine starke Verkehrszunahme an anderen Orten. Zudem hätte der neue niveaufreie Übergang eine fatale Signalwirkung: Für den Transitverkehr würde die Route durch Uster auf einmal attraktiv, was schlussendlich zu deutlichem Mehrverkehr führen würde! Wollen wir mit der Strasse „Uster West“ eine solche „Attraktivitätssteigerung“?
So viel zum Umgang mit den Fakten.
  • Die Karte in der Abstimmungsweisung suggeriert, dass südlich der Autobahn ein riesiges Naturschutzgebiet entstehen würde. Die Darstellung ist irreführend: Es ist zwar korrekt, dass die Werrikerstrasse zu einem Flurweg zurückgebaut und dass Ausgleichsmassnahmen auf einzelnen Flächen im Kulturland geplant sind um die Riedbereiche besser miteinander zu vernetzen. Die Karte soll aber wohl darüber hinwegtäuschen, dass das Strassenprojekt so nah an den Riedbereich geplant ist, dass einzelne Flachmoorbereiche tangiert und damit in ihrer Existenz bedroht würden. Dies ist von Gesetzes wegen nicht gestattet.

Und zum Schluss noch dies: Die in der Karte (Abstimmungsweisung S. 7) dargestellte Linienführung entspricht nicht dem aktuellen Projektstand! Vergleichen Sie bitte die nebenstehende Karte mit der Darstellung unter „Worum geht es?“ – so viel zum Umgang mit den Fakten.

Download Planskizze

Irreführende Darstellung an Infoveranstaltung von Stadt und Kanton!
Irreführende Darstellung

An einer Informationsveranstaltung darf erwartet werden, dass Projektdetails und Präsentationen den Tatsachen entsprechen. Das am Mittwoch 30. August im Stadthaus präsentierte Luftbild muss deshalb in einem Punkt kritisiert werden: Es ist stossend, dass exakt im strittigen Flachmoorbereich der vorgesehene Strassenbereich nicht in seinen ganzen Ausmassen sondern nur als schmale graue Linie – in etwa so breit wie ein Fussweg (!) – präsentiert wird. Das suggeriert einen grösseren Abstand zur Moorgrenze und der Eingriff in die Natur in einem äusserst heiklen Bereich wird damit verniedlicht.

Dasselbe Luftbild wurde auch im „Anzeiger von Uster“ in der Ausgabe vom Freitag 1. September präsentiert – ohne Hinweis auf die fehlerhafte Darstellung. Dies obwohl Herr M. Pezzatti an der Informationsveranstaltung auf diesen Missstand aufmerksam gemacht wurde.

Ohne den Bau der Strasse „Uster West“ kollabiert (der Verkehr in) Uster in spätestens 20 Jahren, wenn das Bahn-Angebot weiter ausgebaut ist.

Das ist reine Angstmache! Wir erinnern daran, dass es von den ersten konkreten Studien zur Strasse „Uster West“ (2001) bis zur ersten Auflage des Projektes (2008) nur gerade 7 Jahre dauerte. Ein Projekt, das ernsthaft und sorgfältig geplant wird, lässt sich demnach in ca. 10 Jahren realisieren.

Die Stadt Uster kann keine Behördeninitiative gegen den Kreditbeschluss des Kantonsrates ergreifen.

Diese Behauptung ist falsch. Das kann sie jederzeit!

Die Stadt Uster kann nicht verpflichtet werden, eine Behördeninitiative gegen den Kreditbeschluss des Kantonsrates zu ergreifen, weil eine Behördeninitiative gemäss Gemeindeordnung der Stadt Uster nicht Gegenstand einer Volksinitiative sein kann.

Die Stadt Uster kann mittels kommunaler Volksinitiative formell nicht zu einer Behördeninitiative „verpflichtet“ werden. Das ist so! Aber sie kann natürlich jederzeit eine Behördeninitiative einreichen mit dem Antrag, den Beschluss über den Kredit von 21. Mio. für Uster West aufzuheben. Uns ist derzeit noch nicht bekannt, ob der Stadtrat dazu die Zustimmung des Gemeinderates bräuchte oder nicht. Umgekehrt kann aber der Gemeinderat die Stadtbehörde per Motion zu einer Behördeninitiative zwingen.

Fazit: Es ist auf keinen Fall so, dass die Stadt Uster keine demokratischen Mittel mehr hat, den Kreditbeschluss des Kantonsrates in Frage zu stellen. Im Gegenteil: Es entspricht der guten politischen Praxis, Volksentscheide ernst zu nehmen!